TeleSchach : Schach aktuell

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82. Deutsche Schacheinzelmeisterschaft und
41. Deutsche Meisterschaft der Frauen

vom 25. Mai bis 3. Juni 2011 in Bonn

Details, Ergebnisse, Partien, Stand, Presse und Termine


Sarah Hoolt (2005)
Foto: Deutsche Schachjugend
Weitere interessante Informationen


Interview mit Sarah Hoolt
von Axel Fritz

„Schach irgendwann nicht mehr aus meinem Leben weg zu denken“

Frau Hoolt, warum spielen bei den Deutschen Meisterschaften die Frauen und Herren nicht zusammen Schach?

Erst mal muss man festhalten, dass es schon ein Fortschritt ist, die DEMs der Frauen und der Männer an einem gemeinsamen Ort auszurichten, was in den letzten Jahren nicht der Fall war. Das erhöht die Attraktivität des Turniers sowohl für Spieler als auch für Zuschauer. Meiner Meinung nach, wäre eine Zusammenlegung der Meisterschaften in einem Turnier besonders für die Frauen wünschenswert. Im Gegensatz zum Männerturnier spielen bei den Frauen die Nationalspielerinnen nicht mit. Dies war auch in den letzten Jahren so und liegt hauptsächlich daran, dass die DEM der Frauen schachlich nicht sehr stark besetzt ist, was sehr schade ist. Mir persönlich würde ein gemeinsames Turnier mehr Spaß machen.

Sie spielen reine Frauenturniere, aber auch von männlichen Konkurrenten geprägte Turniere wie in der Bundesliga oder zahlreichen Open. Gibt es Unterschiede im Spiel von Frauen und Männern?

Ja, es gibt Unterschiede im Schach spielen von Männern und Frauen, wobei man das nicht verallgemeinern kann. Sicherlich gibt es auch Frauen, die einen ähnlichen Stil wie die meisten Männer und umgekehrt spielen. Auffällig ist, dass Männer oft sehr technische und in meinen Augen eher langweilige Positionen spielen und versuchen einen minimalen Vorteil in einen vollen Punkt umzuwandeln. Frauen spielen dagegen, angriffsfreudiger, taktischer und kreativer. Während Männer auch in schlechten Positionen immer den besten Zug machen, auch wenn dieser lediglich Chancen auf einen halben Punkt gibt, spielen Frauen dann auch mal einen schlechteren Zug, welcher aber wieder Siegchancen mit sich bringt und der Gegner nochmal aufpassen muss.

Vergleicht man die März und die Mai Liste des Weltschachbundes FIDE haben Sie fast 80 ELO Punkte gewonnen. Respekt, wie machen Sie das?

Vor 2-3 Jahren stand ich schon mal kurz vor der 2300. Leider ist meine Elo dann stark eingebrochen, weil ich mehrere schlechte Turniere gespielt hab. Aber ich wusste, dass ich auf jeden Fall die Spielstärke besitze, irgendwann die 2300-Marke zu knacken. In den letzten Jahren hatte ich dann mal gute und wieder schlechte Phasen, sodass ich immer zwischen 2200 und 2300 hin und hergependelt bin. Jetzt in den letzten Monaten lief es durchweg gut für mich. Sowohl in den Ligen als auch die letzten beiden Turniere (Cappelle la Grande,Neckar-Open) habe ich Elo-Plus gemacht, was dann in Summe mehr als 80 Elo ergab. Den Hauptgrund sehe ich in meinem Training zusammen mit Judith Fuchs. Seit der Olympiade in Khanty-Mansisk trainieren wir regelmäßig, teilweise mehrmals die Woche zusammen und es scheint sich bezahlt zu machen.

Sie können also mit reinem Gewissen den Doping - Kontrollen der Nada (Nationale Anti Doping Agentur Deutschland) bei den Deutschen Meisterschaften entgegensehen ...

In meinen Augen sind Doping-Kontrollen im Schach überflüssig. Denn was bringt es einem Schachspieler Muskel aufbauende Substanzen zu sich zu nehmen!? Man müsste dann eher Konzentration fördernde Mittel, wie z.B. Kaffee verbieten. Bisher bin ich noch nicht kontrolliert worden und ehrlich gesagt, fürchte ich mich ein wenig davor. Denn was ist, wenn man aus Versehen durch Nahrung etwas Verbotenes aufnimmt. Aus Vorsicht verzichte ich sogar darauf, Magnesiumtabletten zu mir zu nehmen, da laut Nada die Gefahr besteht, dass diese verunreinigt sein könnten. Schach ist eben ein anderer Sport, ein Denksport. Die Gefahr, dass Schachspieler betrügen, besteht nicht durch die Einnahme von verbotenen Substanzen, sondern durch Nutzung verbotener Hilfsmittel, wie der Skandal in Frankreich gezeigt hat. Deshalb sollte man eher dagegen vorgehen.

Frau Hoolt, im Meisterschaftsfeld der Frauen sind wenig Profis zu finden. Kann eine Frau überhaupt vom Schachspielen leben?

Die Weltspitze bei den Frauen kann unter Umständen davon leben. Die Frage ist da nur, wie gut. Denn man hat kein geregeltes Einkommen und ist immer einem gewissen Druck ausgesetzt. Zumal es dann auch schwierig ist, eine Familie zu gründen, wenn man als Profischachspielerin ständig unterwegs ist. Für mich persönlich kam die Möglichkeit nie in Frage. Studium und anschließend einen 'normalen' Job ausüben, schafft für die Zukunft Sicherheit. Auch wenn es dadurch schwierig ist, immer Studium und Schach spielen unter einem Hut zu bekommen.

Warum spielen Sie überhaupt Schach?

Ich habe das Schach spielen durch meine Eltern und meiner älteren Schwester erlernt. Durch den Eintritt in einem Verein kam die Teilnahme an den ersten Turnieren, wo dann ab und zu auch Pokale gewonnen wurden. Durch den Erfolg, den Spaß bei den Turnieren, welchen man durch viele neue Freunde und dem Schach spielen selbst hatte, war Schach irgendwann nicht mehr aus meinem Leben weg zu denken. Auch heute könnte ich darauf nicht verzichten. Schach spielen gehört einfach dazu und es wäre total komisch, wenn ich jedes Wochenende und jede Ferien zur freien Planung zur Verfügung hätte.


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Interview mit Niclas Huschenbeth, Deutscher Meister 2010
von Axel Fritz

„Der Meister-Titel hat mir wirklich viele Türen geöffnet“

Herr Huschenbeth, Gratulation in der letzten ELO Liste sind Sie mit über 2500 ELO Punkten gelistet. Dürfen und müssen wir den noch amtierenden Deutschen Meister jetzt mit Herrn Großmeister anreden?

Nein, leider noch nicht. Ich bin noch einen gefühlten winzigen Schritt davon entfernt. Ich habe drei Normen und Elo 2500, aber ich schätze, ich bin wohl ein Sonderfall. Meine erste GM-Norm habe ich nämlich beim Europacup erzielt, dem einzigen Turnier, in dem es möglich ist eine 7-rundige Norm zu erspielen. Und diese Norm ist im Grunde jetzt nutzlos, da ich insgesamt mit meinen beiden anderen 9-rundigen Normen auf 25 Normenpartien komme, in den FIDE-Statuten aber 27 zum Erwerb des GM-Titels vorgeschrieben sind.

Sie haben GM Normen erzielt und über 100 ELO Punkte gewonnen. Sportlich hat sich der Erfolg, vor einem Jahr in Bad Liebenzell Deutscher Meister geworden zu sein, gelohnt ...

Der Meister-Titel hat mir wirklich viele Türen geöffnet, auch Türen, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet hatte. So habe ich z.B. ein Angebot für ein Stipendium in den USA erhalten, damit ich deren Universitätsmannschaft verstärke. Schachlich gesehen durfte ich dank des Titels zweimal in der Nationalmannschaft (Mitropa-Cup und Olympiade) spielen und auch die Teilnahme in der A-Gruppe des Aeroflot-Turniers in Moskau ist teilweise auf den Titel zurückzuführen.

Im letzten Jahr haben Sie bei der Schacholympiade in Khanty-Mansiysk gespielt und 4.5 Punkte aus acht Partien geholt. Sie haben in der Bundesliga gegen Weltklassespieler Vallejo Pons gewonnen, haben beim Aeroflot Open gegen starke Spieler wie Markus Ragger oder Igor Lysyj bestehen können und beim kürzlich beendeten 15. Neckar Open haben Sie nur gegen den Sieger Arkardji Naidisch verloren und einem beachtenswerten 4. Platz gemacht. Was tun Sie dafür?

Ich denke, der Hauptgrund für mein gutes Abschneiden in den letzten Monaten ist, dass ich mich voll und ganz auf Schach konzentrieren kann und nicht durch Schule oder Studium abgelenkt werde. Dies wurde mir ermöglicht durch die Bundeswehr, in der es eine Sportfördergruppe gibt und dank der Nominierung des Deutschen Schachbundes wurde ich in diese aufgenommen. Im Training konzentriere ich mich hauptsächlich auf Eröffnungsanalyse und Variantenberechnung, nebenbei schaue ich aber auch gerne die erstklassigen Endspielvideos von Karsten Müller. Und um auch konditionell auch auf der Höhe zu sein, geh ich häufig um die Alster joggen oder spiele ein bisschen Fußball.

Sind Sie auf dem Weg zum Schachprofi?

Ich denke, ich bin es bereits! Meine Aufgabe, die mir von der Bundeswehr quasi vorgegeben ist, lautet, dass ich Deutschland möglichst gut repräsentiere. Dafür trainiere ich täglich mehrere Stunden und dieses Training hat sich in letzter Zeit auch ganz gut ausgezahlt. Aber irgendwann wird die Zeit in der Bundeswehr ein Ende haben und dann werde ich wohl ein „ganz normaler“ Student, der nur noch ab und zu seinem Hobby frönt.

Sie starten nun Ende Mai bei den Deutschen Meisterschaften in Bonn. Wie stehen Ihre Chancen?

Nun, im Gegensatz zu letztem Jahr werden wohl alle ganz besonders auf der Hut sein, wenn sie gegen mich spielen. Außerdem spielen drei starke Spieler (Buhmann, Fridman und Gustafsson) mit, die letztes Jahr wegen der EM nicht dabei waren. Ich bin an 6 gesetzt und mein Ziel ist es, unter die ersten 5 zu kommen.

Was macht Niclas Huschenbeth, wenn er nicht Schach spielt?

Wie gesagt betreibe ich gerne den einen oder anderen Sport, jetzt die letzten Wochen bin auf den Basketball-Geschmack gekommen, was ich eigentlich nicht für möglich gehalten hätte. Aber ich denke, Fußball bleibt meine Sportart No. 1. Daneben habe ich mich, nachdem ich ungefähr 10-mal gefragt wurde „Waaas, du bist 18 und hast noch keinen Führerschein?“, in einer Fahrschule angemeldet und schon die ersten Fahrstunden genommen. Bald werde ich dann also zu dem erlesenen Kreis von Schachspielern mit Fahrerlaubnis gehören.


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DSB-Einzelmeisterschaft in Bonn vom 26.05.2011 - 03.06.2011
von Anton Lindenmair, Augsburg (27. Mai 2011)

Oliver Müller (2011)
Foto: von Axel Fritz „Oliver Müller startet optimal ins Turnier“

Am gestrigen Donnerstag begann in Bonn die Einzelmeisterschaft des Deutschen Schachbunds. Wie auch im vergangenen Jahr wird der DBSB wieder durch FM Oliver Müller (Elo 2327) aus Bremen vertreten.

Der Start war durchaus verheißungsvoll. Mit den schwarzen Steinen spielend gelang zum Auftakt eine Punkteteilung gegen den Sieger des Vorjahres IM Niclas Huschenbeth (Elo 2502). Noch ein Stück stärker war Ollis Gegner in der heutigen 2. Runde. Diesmal mit Weiß ging es gegen GM Rainer Buhmann. Vor wenigen Minuten einigten sich die Kontrahenten in einer französischen Eröffnung nach 31 Zügen auf Remis. Buhmann weist eine Elo von 2579 auf und ist in der Setzliste ganz weit vorne platziert.

Alle Ergebnisse, Tabellen und auch die Live-Partien gibt es auf der Seite Http://www.dem-2011.de

Ich möchte noch ausdrücklich darauf hinweisen, dass es auch für Blinde mit Screen-Reader möglich ist, die Partien live zu verfolgen. Die Notation ist gut lesbar und wird automatisch aktualisiert. Wenigstens hatte ich hier mit Jaws 10.0 keine Probleme.


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DSB-Einzelmeisterschaft in Bonn
von Axel Fritz (28. Mai 2011)

„Tag zwei: Favoriten kommen in Fahrt“

Heute war es der Tag der Favoriten. IM Oswald Gschnitzer siegt gegen FM Claus Pitschka im Expresstempo. Der promovierte Mathematiker, der als Softwareentwickler arbeitet, braucht heute nur knapp mehr als zwei Stunden: "Schwarz stand aus der Eröffnung heraus etwas gedrückt und übersah eine "kleine Kombination"." Profi GM Igor Khenkin trifft gegen IM Tobias Jugelt auf nur wenig Gegenwehr und siegt in nur 21 Zügen. Mit GM Jan Gustafsson am Spitzenbrett und dem zwanzigjährigen GM Falko Bindrich siegen zwei weitere Schwergewichte in klarer Manier. Das Quartett bildet die Spitzengruppe mit voller Punktzahl nach der zweiten Runde.

GM Daniel Fridman, der amtierende Deutsche Meister IM Niclas Huschenbeth sowie IM Rene Stern und GM Sebastian Siebrecht nehmen die Verfolgungsjagd auf. Sie punkten voll. Doch andere Favoriten kommen weiterhin nicht in Fahrt. GM Buhmann kommt über ein Remis gegen den Vertreter des Blindenschachbundes Oliver Müller nicht hinaus. Für den nationalen Meister Müller ist es das zweite beachtenswerte Unentschieden gegen die Hochkaräter in diesem Turnier. Der titellose Gordon Andre kann GM Raj Tischbierek ein Remis abnehmen.

Bei den Damen stolpert WIM Sarah Hoolt. Die Favoritin kann auch im längsten Kampf des Tages in einer jederzeit ausgeglichenen Partie gegen Alisa Frey nicht voll punkten. Dennoch bleibt sie auch in der dritten Runde am Spitzenbrett sitzen. Sie trifft dann auf WFM Heike Vogel. Vogel siegt heute über Jevgenia Leveikina und führt mit nun zwei ganzen Punkten alleine im Feld der Frauen. Weitere Siegerinnen des Tages sind WFM Olga Lopatin, Brigitte Reiter und Jade Schmidt.


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© 8.96 by Gerhard Hund - Update 28.05.2011