TeleSchach : Schach aktuell

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8. Weltmeisterschaft der Senioren und Seniorinnen

vom 08. bis 21. November 1998 in Grieskirchen

Eine Veranstaltung der FIDE und des Österreichischen Schachbundes
Organisation: Schachverein Grieskirchen

Informationen , Terminplan , Teilnehmer , Rundenberichte , Interviews und Partien


GM Mark Taimanov : Interview und Konzert



Leider erkrankte Mark Taimnaov kurz vor dem Konzert, so dass Irene Hinum-Saaremäe (am Konzertflügel) den Abend allein bestreiten musste. Es gab für sie viel Beifall.

Neben dem Angekündigten spielte sie noch Stücke von Sergei Rachmaniov und Frederic Chopin.


Interview mit GM Mark Taimanov

Interview von Harald Grafenhofer mit Mark Taimanov (Foto),
Konzertpianist und zweifacher Seniorenweltmeister

Frage : Herr Taimanov, seit wann spielen Sie bei Seniorenweltmeisterschaften?

Taimanov : Ich nehme seit 1993 an Seniorenweltmeisterschaften teil. Ich finde, es ist eine tolle Sache, daß älteren Schachspielen die Möglichkeit geboten wird, auf hohem Niveau um einen offiziellen Titel zu kämpfen. Aus diesem Grund habe ich, nachdem ich die Altersgrenze überschritten habe, immer teilgenommen. Es freut mich auch sehr, daß ich 1994 und 1995 den Titel gewonnen habe.

Frage : Was sind Ihre Ziele für diese Weltmeisterschaft? Streben Sie den dritten Titel an?

Taimanov : Natürlich möchte ich den Titel wieder erringen, aber es ist sehr starke Konkurrenz am Start und man braucht auch etwas Glück und eine gute Auslosung, um dieses Ziel zu erreichen.

Frage : Sie sind neben dem Schach auch ein ausgezeichneter Konzertpianist, was bevorzugen Sie persönlich?

Taimanov : Ich verteile meine Liebe zu gleichen Teilen auf die Musik und auf das Schach. Im Schach wurde ich 1953 Großmeister und war zweimal WM-Kanditat. Als Pianist gebe ich seit fast 50 Jahren Konzerte in Rußland und auch im Ausland. Es verbindet mich eine große Leidenschaft mit der Musik.

Frage : Bei der Vorbereitung auf dieses Interview habe ich im Internet nach biographischen Daten gesucht, das erste was man findet, ist ihre Niederlage 1971 gegen Fischer. Was denken Sie heute über diese Begegnung?

Taimanov : Wie sie wissen habe ich ein Buch ("Fischers Opfer") über diesen Wettkampf geschrieben und mich in diesem intensiv und objektiv mit den Geschehnissen von damals beschäftigt. Ich habe über 10 Jahre lang Analysen verfaßt und diese dann veröffentlicht. Selbst Fischer, dem ich das Buch geschenkt habe, hat sich positiv über die Objektivität dieses Buchs geäußert.

Frage : Soweit ich mich erinnern kann, war dies als kleiner Bub mein erster Kontakt mit dem Schach und ich werde Ihren Ausspruch "Jetzt bleibt mir nur mehr die Musik" nie mehr vergessen.

Taimanov : Vorerst möchte ich sagen, daß der Wettkampf damals ein sehr interessanter war. Es wurden inhaltsvolle Partien gespielt, leider paßte das Ergebnis nicht zu den Partieverläufen. Selbst Fischer sagte, daß er den Wettkampf mit 3.5 Punkten gewinnen hätte sollen, aber schlußendlich waren es 6 Punkte für ihn und keiner für mich.

Frage : Sie wurden für diese Niederlage zuerst hart bestraft und erst nach der Niederlage von Larsen mit dem selben Resultat gegen Fischer wieder rehabilitiert.

Taimanov : Nach meiner Rückkehr wurde ich hart bestraft, denn unsere damalige Regierung dachte, daß dies eine politische Aussage meinerseits war, denn es schien unmöglich, daß ein sowjetischer Großmeister mit 0:6 einen Wettkampf verlieren kann. Mir wurden alle nationalen Titeln entzogen, ich durfte an keinen bedeutenden Schachturnieren teilnehmen und konnte mit Schach kein Geld verdienen. Die Sanktionen wurden nicht sofort nach der Niederlage von Larsen aufgehoben, ich konnte zwei Jahre lang nicht auf hohem Niveau Schach spielen. Mir blieb wirklich nur die Musik.

Frage : Ihre Bedeutung für das Schach ist den Schachfreunden geläufig, aber Sie sind als Pianist ebenfalls absolute Weltklasse?

Taimanov : Wie schon gesagt, gebe ich seit 50 Jahren Konzerte, und Phillips hat die CD-Edition "Die größten Pianisten des 20. Jahrhunderts" mit 74 Pianisten herausgeben, und es erfüllt mich mit besonderem Stolz, daß neben so bekannten Pianisten wie Sergei Rachmaninov, Vladimir Horowiz, Glen Guld, Swjatoglav Richter und vielen mehr, auch ich auf dieser Edition gemeinsam mit meiner ersten Frau im Duett vertreten bin. Das ist eine große Ehre für mich.

Frage : Kehren wir zum Schach zurück. Warum glauben Sie, daß das russische Schach so dominant ist?

Taimanov : Es liegt einerseits an der großen Tradition des Schachs in Rußland, die mit Tschigorin begründet wurde und über Aljechin, Keres, Botvinnik, Karpov bis Kasparov reicht. Zudem gibt es bei uns gute Schachschulen mit hervorragenden Trainern, so daß man bei uns von klein an auf gutem Niveau trainiert wird. Ich persönlich denke dabei an meine Lehrjahre bei Botvinnik, die entscheidend zu meinem Schachverständnis und meiner weiteren Entwicklung beigetragen haben.

Frage : Wie sehen Sie die momentanen Entwicklungen im Schach mit zwei Weltmeistern und vielleicht nach Las Vegas mit drei?

Taimanov : Mit vier, Sie vergessen, daß sich Fischer auch immer noch als Weltmeister sieht. Es ist für das Schach natürlich nicht gut. Eine Hauptschuld an dieser Entwicklung trägt Kasparov, der durch seinen Austritt die Tradition der Zonenturniere, Kanditatenkämfe und dem Finalkampf um die Weltmeisterschaft unterbrochen und zerstört hat. Ich glaube, daß diese Selektion dazu führte, daß wirklich die stärksten Spieler um die Weltmeiterschaft kämpften. Diese Wettkämpfe waren immer sehr bedeutend und Richtungsweisend für die Weiterentwicklung des Schachs, denn es wurde dabei neue Ideen und theoretische Neuerungen gezeigt und auf höchstem Niveau geprüft. Diese Wettkämpfe waren eine Schule für die gesamte Schachwelt. Jetzt fehlen solche Wettkämpfe dem Schach.

Frage : Wer ist für Sie der wahre Weltmeister?

Taimanov : Für mich ist Karpov der Weltmeister aus der Tradition der FIDE, Kasparov ist der beste Schachspieler und Fischer hat den besten Namen in der Schachwelt.

Frage : Das wäre eine wahre salomonische Lösung!

Taimanov : Ja. Aber das Schach ist in letzten Jahre zu sehr kommerzialisiert worden. Der Preisfond bei meinem Wettkampf gegen Fischer waren $ 3.000, $ 2.000 für den Sieger und $ 1.000 für den Verlierer. Heute bekommen Sie nicht einmal eine Simultanvorstellung eines Spielers ähnlicher Qualifikation für ein mehrfaches dieser Summe. Stand vor 20 Jahren eindeutig die schöpferische Seite des Schachs im Mittelpunkt, so dominiert jetzt die sportliche Komponente. Ich weiß nicht, ob diese Entwicklung gut für das Schach ist.

Frage : Verwenden Sie Computer für die Vorbereitung?

Taimanov : Natürlich, man muß die Möglichkeiten der Zeit nützen und man kann Computer gut für die Vorbereitung auf die Gegner verwenden. Ich verwende ChessAssistant dazu.

Frage : Sie geben im Rahmen dieser Weltmeisterschaft auch ein Konzert, ist das eine Belastung für Sie?

Taimanov : Ich übe täglich mindestens zwei Stunden am Klavier, das ist mehr als ich für Schach mache. Aber ich lebe eben für Schach und die Musik.

Harald : Herr Taimanov herzlichen Dank für das Gepräch.

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© 1.98 by Gerhard Hund Update 08.02.2001